Wie sah die jüdische und nicht-jüdische Umgebung des Christentums aus? Und wie war die Welt davor – sagen wir, ein Jahrhundert zuvor? Inwieweit stellt die neue Religion eine Erfüllung der alten dar, oder anders gesagt, inwieweit repräsentiert das Christentum eine absolut neue Dimension? Auf diese Fragen antwortet mit nobler Präzision der Historiker Robert Knapp (1946–2023). In einem 2018 veröffentlichten Werk, das in rumänischer Sprache unter dem Titel Die Anfänge des Christentums: Menschen und Götter in Zeiten von Magie und Wundern (Humanitas, Bukarest, 2024) erschien, lädt er uns ein, die Bewegung Jesu in den bunten Kontext der Antike neu einzuordnen.
Robert C. Knapp / Quelle: Universität Kalifornien, Berkeley
Die Aufgabe ist nicht einfach. „Die Erforschung der antiken Geschichte ist eine große Herausforderung. Sie beruht auf fragmentarischen Quellen, die erhalten geblieben sind. Doch die Quellen liefern niemals so viele Informationen, wie wir es uns wünschen. Sie stimmen selten miteinander überein. Jede Quelle hat ihre eigene Perspektive, das heißt, ein bestimmtes Kriterium, nach dem die Auswahl und Anordnung der Fakten in einer Erzählung erfolgt. Aus diesen Fragmenten ein kohärentes Bild zu schaffen, kann frustrierend oder sogar erschöpfend sein. Die Quellen gleichen einem riesigen schwedischen Buffet...“
Der Historiker muss sich letztendlich mit diesem dauerhaften Provisorium abfinden. Ebenso muss der Theologe dementsprechend vorgehen und versuchen, eine möglichst kohärente dogmatische Perspektive zu bieten. Doch allein die Anerkennung der Knappheit (und Vielfalt) der Quellen ist bereits ein Schritt in Richtung Wahrheit. In gewisser Weise hält uns gerade dieser objektive Mangel bescheiden und ermahnt uns zur Sorgfalt.
Für diejenigen, die ins Detail gehen, ist jede endgültige Haltung grundsätzlich ausgeschlossen, solange das Puzzle stets unvollständig bleibt.
Und dennoch hat sich der Autor in diesem Werk der „Welt des Geistes“ gewöhnlicher Römer aus einer neuen Perspektive zugewandt. Hier konzentrierte er sich darauf, wie jüdische und polytheistische Gemeinschaften mit dem Göttlichen interagierten und wie diese Mentalitäten und Praktiken die Entstehung des Christentums beeinflussten oder nicht. Noch einmal: Das Buch, leicht zu lesen und wunderschön illustriert, legt den Fokus auf die Primärquellen vom 1. Jahrhundert v. Chr. bis zum Ende des 1. Jahrhunderts n. Chr.
Robert C. Knapp
Leben und akademische Ausbildung
Robert C. Knapp wuchs in einem akademischen Umfeld auf und entwickelte früh eine Leidenschaft für antike Geschichte. Sein Studium konzentrierte sich auf die römische Kultur, und später promovierte er in klassischer Geschichte. Sein Interesse am Alltag der einfachen Leute im antiken Rom wurde durch epigraphische und archäologische Entdeckungen angeregt, die Details über die marginalisierten Gesellschaften jener Zeit lieferten.
Karriere und akademische Beiträge
Knapp lehrte jahrzehntelang an der Universität von Kalifornien in Berkeley und bildete Generationen von Historikern mit Schwerpunkt auf dem antiken Rom aus. Während seiner Karriere veröffentlichte er zahlreiche Werke über die römische Wirtschaft, Volksreligion und das Leben der unteren sozialen Schichten. Durch seine interdisziplinären Methoden gelang es Knapp, wesentliche Informationen aus Quellen zu gewinnen, die von traditionellen Historikern oft als zweitrangig angesehen wurden.
Studie der unteren sozialen Schichten
In den meisten seiner Studien konzentrierte sich Knapp auf die Analyse der am wenigsten privilegierten Gruppen im antiken Rom. Sklaven, Freigelassene, städtische Arbeiter und gewöhnliche Frauen waren stets ein zentrales Thema für ihn. Im Vergleich zur konventionellen Geschichtsschreibung, die sich auf das Leben der Eliten und Kaiser konzentriert, rückte Knapp die harten Realitäten derjenigen in den Vordergrund, die in offiziellen Dokumenten keine Stimme hatten.
Die Rolle der Religion im Alltag der Römer
Religion spielte eine entscheidende Rolle im täglichen Leben der Römer, und Knapp untersuchte, wie einfache Menschen mit Gottheiten und rituellen Praktiken interagierten. Er zeigte, dass jenseits der großen Staatszeremonien eine persönliche Religiosität, Kultpraktiken und Aberglauben existierten, die die täglichen Entscheidungen der einfachen Leute bestimmten. Hausgötter, Schutzgeister und populäre Orakel waren Hauptthemen seiner Forschungen.
Wirtschaft und Arbeit im antiken Rom
Ein weiterer Interessenschwerpunkt Knapps war die römische Wirtschaft, insbesondere wie die einfachen Leute ihren Lebensunterhalt verdienten. Er untersuchte Märkte, Handwerksbetriebe und Handelsaktivitäten in Rom und den Provinzen des Imperiums. Zudem analysierte er die sozialen Strukturen, die bestimmten, wer Zugang zu Ressourcen hatte und wer zur Zwangsarbeit verpflichtet wurde. Manuelle Arbeit und Sklaverei waren häufig behandelte Themen in seinen Schriften.
Einfluss der Urbanisierung auf das tägliche Leben
Knapp erforschte die Auswirkungen der Urbanisierung auf verschiedene soziale Gruppen im antiken Rom. Er zeigte, dass in großen Städten wie Rom, Alexandria oder Karthago die Menschen mit Problemen wie Überbevölkerung, Armut und begrenztem Zugang zu Ressourcen konfrontiert waren. Gleichzeitig hob er hervor, dass Städte kulturelle Innovationszentren waren, in denen der Austausch zwischen verschiedenen ethnischen und wirtschaftlichen Gruppen die Entwicklung neuer sozialer Praktiken förderte.
Beziehungen zwischen sozialen Schichten
Durch das Studium von Inschriften und juristischen Dokumenten beleuchtete Knapp die komplexen Beziehungen zwischen der Aristokratie und den unteren sozialen Schichten. Obwohl römische Gesetze theoretisch die Rechte der Bürger schützten, wurden in der Praxis die Schwächsten oft ausgebeutet. Interaktionen zwischen Patronen und Klienten, zwischen Sklaven und Herren oder zwischen Bürgern und lokalen Autoritäten wurden in seinen Studien ausführlich analysiert.
Bedeutung epigraphischer Quellen
In seinen Arbeiten nutzte Knapp Grab- und Votivinschriften als Primärquellen, um die Identität und die Aspirationen der einfachen Römer besser zu verstehen. Diese kurzen Texte liefern wertvolle Informationen über den sozialen Status, Berufe und zwischenmenschliche Beziehungen in der Antike. Knapp verwendete sie, um Biografien von Personen zu rekonstruieren, die sonst der Geschichte unbekannt geblieben wären.
Knapps Einfluss auf die römische Geschichtsschreibung
Die Werke von Robert C. Knapp haben die Art und Weise, wie das antike Rom studiert wird, radikal verändert. Sein interdisziplinärer Ansatz, der Sozialgeschichte mit kultureller und wirtschaftlicher Analyse kombiniert, eröffnete neue Forschungsperspektiven. Außerdem beeinflusste er Generationen von Historikern, die begannen, den marginalisierten Gruppen in der Geschichte mehr Aufmerksamkeit zu schenken.
Sein intellektuelles Erbe und Einfluss
Robert C. Knapp bleibt eine Schlüsselfigur im Studium der römischen Sozialgeschichte. Seine Bücher werden weltweit in akademischen Programmen verwendet, und seine Methodik inspiriert weiterhin neue Forschungen. Durch seinen Fokus auf einfache Menschen trug er zu einem ausgewogeneren Verständnis des antiken Rom bei und zeigte, dass Geschichte nicht nur den Eliten gehört, sondern auch jenen, die ihr Leben im Schatten der großen Ereignisse lebten.
Quelle: Robert C. Knapp, „Invisible Romans“ (2011), „The Dawn of Christianity“ (2017).
Der Autor illustriert meisterhaft das gemeinsame Fundament all jener genannten Gemeinschaften (er verwendet absichtlich durchgehend den Begriff „polytheistisch“), bevölkert von zahlreichen Göttern, Gottheiten, Dämonen und einer Vielzahl gemeinsamer Praktiken wie Wahrsagerei, Wundertaten, Hexerei und Wunderheilungen. Robert zeigt mit lebhaften Details, warum das Christentum viel stärker Teil des Gewöhnlichen war, als manche seiner Leser annehmen würden.
Die Welt, in der das Christentum entstand und sich entwickelte, war eine zutiefst religiöse. Sie unterschied sich radikal von dem, was wir heute kennen, nachdem moderne ideologische Umbrüche diese Landschaft verändert haben. „In der Antike lebten die Menschen in einer Welt, in der die Existenz von Göttern akzeptiert wurde. Sowohl die Juden als auch die Polytheisten machten sich diese Götter zunutze, um ihr Leben zu erleichtern. Jede Veränderung in der Beziehung zu den Göttern war problematisch und wurde als gefährlich angesehen.
Dennoch tauchte im Laufe des 1. Jahrhunderts n. Chr. eine neue Idee auf, verbreitete sich und wurde in der westlichen Welt dominant. Wie und warum kam es zu einer solchen Veränderung? Die Erklärung liegt in der damaligen Vorstellung vom Übernatürlichen und in den gemeinsamen Erfahrungen von Monotheismus und Polytheismus.“
Um ein solches Verständnis zu erlangen, ist eine fundierte Analyse erforderlich. Das Buch ist voller technischer Details, liest sich jedoch – ich versichere Ihnen – leicht. Der Gelehrte nimmt sich ernst, richtet jedoch immer noch ein Auge auf sein Zielpublikum. Zugegeben, an einigen Stellen besteht der Bedarf an zusätzlicher Information, aber ansonsten funktioniert alles reibungslos.
Der Gewinn einer solchen Lektüre ist eine fundierte Kontextualisierung des frühen Christentums, jener unschuldigen Epoche, auf die wir uns alle zu bewegen, jeder aus seiner eigenen Glaubensperspektive.
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Ghita Mocan
Der Artikel weist auf das Erscheinen des Buches von Robert Knapp: Der Aufgang des Christentums: Menschen und Götter in Zeiten von Magie und Wundern in rumänischer Sprache hin. Dieses Standardwerk der Historiografie liefert wertvolle Informationen zum Verständnis des Umfelds, in dem die christliche Bewegung ihren Anfang nahm und sich in den ersten Jahrhunderten entwickelte.
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